Impuls zum 6. Sonntag der Osterzeit (C), 22. Mai 2022

Foto: Heilig Geist Fenster, St. Peter (Puls)

Impuls zum 6. Sonntag der Osterzeit (C), 22. Mai 2022

An den letzten drei Sonntagen der Osterzeit – vergangene Woche, heute und am kommenden Sonntag – verkündet uns die Kirche Texte aus den Abschiedsreden Jesu. Sie will uns damit deutlich sagen: Mit dem Letzten Abendmahl, mit seinem Leiden, Sterben und Auferstehen beginnt jene große Heimkehr Jesu zum Vater, die in seiner Himmelfahrt ihren Abschluss und ihre Vollendung findet.

Aber anders, als dies bei Menschen, die sich für längere Zeit oder für immer trennen müssen, oft der Fall ist, liegt über den Abschiedsworten Jesu nicht Wehmut, sondern Freude: „Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen …“ – so sagt er den Jüngern. Ihr Herz ist von Trauer erfüllt, weil sie in erster Linie die Worte hören, dass er leiden muss, er aber sagt ihnen: Das ist nicht das Letzte. Am Ende wartet auf mich und auf euch das Leben in der Liebe Gottes. Dass ich euch diese Botschaft bringe und euch den Weg dorthin, der seit dem Sündenfall verschlossen war, wieder öffne, dazu hat mich der Vater in diese Welt gesandt. Dasselbe, was auch für den vergangenen Sonntag vom Gebot Jesu, einander zu lieben, zu sagen war, das gilt auch für seine heutige Forderung, ihn selber zu lieben: Es geht nicht nur um ein schönes Gefühl und auch nicht darum, nur schöne Worte zu machen, sondern darum, dass wir an seinem Wort festhalten, d.h. dass wir es leben, es in unser Leben einbauen und darin wirken lassen. Es nützt mir gar nichts, wenn ich die ganze Heilige Schrift auswendig kann – nur wenn sie meinem Leben Tag für Tag die Richtung gibt, kann ich sagen: Ich liebe den Herrn. Alles andere bleibt letztlich Heuchelei.

Johannes formuliert es in seinem ersten Brief einmal so: „Wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit“ (1Joh 3,18). Das ist die uns von Jesus Christus gestellte Lebensaufgabe. Vielleicht schaffe ich das nicht immer zur Gänze, aber wenigstens versuchen soll ich es jeden Tag neu! Der vor einigen Jahren ermordete Prior der Gemeinschaft von Taizé, Roger Schutz hat das einmal so ins Wort gefasst: „Lebe das, was du vom Evangelium begriffen hast, und sei es noch so wenig, aber das lebe ganz.“ – „Ich denke, dass ist ein weises Wort. Es sind oft vielleicht ganz banale Dinge und Situationen, in denen ich meine Liebe zu Jesus Christus unter Beweis stellen kann:

Einmal gibt es vielleicht vermeintlich Wichtigeres zu tun, als dem Menschen, der jetzt meine ganze Aufmerksamkeit und Hilfe braucht beizustehen und ihm meine Zeit zu schenken. Oder dies und jenes halten mich davon ab zum Sonntagsgottesdienst zu gehen, oder, oder… und plötzlich spüre ich, wie der Herr mich fragt: „Liebst du mich, und zwar mehr als diese alle und als das alles?“ (vgl. Joh 21,15). Ein andermal kann ich mir einen Vorteil verschaffen – ich muss zwar gegen ein Gebot verstoßen, gegen mein Gewissen handeln, aber die und die machen das ja auch so – man macht halt…. und wieder höre ich, wie Christus zu mir sagt: „Wenn du mich wirklich liebst, dann halte an meinem Gebot, an meinem Wort fest!“

Christus weiß wohl, dass wir aus eigenem Vermögen nicht in der Lage sind, ein solches Leben, wie er es von uns verlangt, zu führen. Darum gibt er uns eine entsprechende Hilfe: „Der Beistand aber, der Heilige Geist … der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“

Der Heilige Geist ist die Kraft, welche die Kirche und den Christen auf den rechten Weg führen will. Wie sehr brauchen wir doch gerade in diesen Tagen diesen Heiligen Geist, der die Kirche reinigen, sie erneuern und auf den richtigen Weg führen möge. Ohne den Heiligen Geist ist unser ganzes Bemühen zum Scheitern verurteilt!

Wer aber den Heiligen Geist, den wir in Taufe und Firmung empfangen haben, in seinem Leben zur Wirkung kommen lässt, dessen Tun wird vor Gott recht, der ist im Frieden mit Gott, mit sich selber, mit den Menschen, auch in diesen schweren Zeiten äußerer und innerer Bedrängnis. Der Heilige Geist führt ihn in die Gemeinschaft mit Gott, schenkt ihm das Wohnen Gottes in ihm selber, wie Christus es uns heute im Evangelium verspricht. Dem, der auf Gott hört, ihm gehorcht, bietet Gott die Gemeinschaft, die Freundschaft an – jetzt schon und erst recht dann, wenn das Wirklichkeit geworden ist, was Johannes geschaut und wovon er uns in der zweiten Lesung geschrieben hat: dass Gott selber mitten unter den Seinen ist, die ihm in diesem Leben die Treue gehalten haben in aller Bedrängnis und Versuchung. Amen

AP

Evangelium Joh 14, 23–29

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
23 Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.
24 Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.
25 Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin.
26 Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
27 Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.
28 Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.
29 Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.